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Ein Prozessvergleich kann sowohl dem Gericht als auch der anderen Vergleichspartei gegenüber widerrufen werden

Die Parteien hatten vorliegend vor dem Landgericht einen Vergleich geschlossen, dessen Widerruf sie sich bis zum 23.09.2003 vorbehielten. Die Beklagte machte von dem Widerrufsvorbehalt mit einem beim LG an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz Gebrauch. Eine beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers erst nach Ablauf der Widerrufsfrist zugestellt. Das Landgericht stellte auf Antrag des Klägers fest, dass der Rechtsstreit durch den gerichtlichen Vergleich beendet worden sei. Das OLG stellte demgegenüber die Unwirksamkeit des Prozessvergleichs aufgrund des Widerrufs fest. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision des Klägers blieb erfolglos.

Das OLG habe zu Recht einen wirksamen Widerruf des Vergleichs durch die Beklagte angenommen. Für die Beantwortung der Frage, wem gegenüber der in einem Prozessvergleich vorbehaltene Widerruf zu erklären ist, komme es vorrangig auf eine in dem Vergleich getroffene Bestimmung an. Eine solche Vereinbarung sei allerdings vorliegend nicht getroffen worden.

Fehle eine solche Vereinbarung, könne der Widerruf sowohl dem Gericht als auch gegenüber der anderen Vergleichspartei erfolgen. Damit grenzt der BGH sich von seiner bisherigen Rechtsprechung ab, die den Widerruf eines Prozessvergleichs nur dann für wirksam erachtet hatte, wenn er gegenüber dem Vergleichspartner erklärt worden war.

Dabei stützten sich die Richter maßgeblich auf die aktuelle verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, wonach ein Prozessvergleich nur dem Gericht gegenüber wirksam widerrufen werden kann. Mit dem Gesetz zur Reform des Zivilprozesses sei aber die ZPO inzwischen nach dem Vorbild des § 106 S.2 VwGO durch Einfügung der Regelung des § 278 Abs.6 ZPO umgestaltet worden. Danach könne Prozessvergleiche seit dem 01.01.2002 auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag durch Schriftsatz annehmen, wobei die Annahme dem Gericht gegenüber zu erklären sei. Vor diesem Hintergrund entschied der BGH, dass der Widerruf – zumindest nach neuem Recht – wirksam sowohl dem Gericht als auch dem Vergleichspartner gegenüber erklärt werden könne, sofern die Parteien keine hiervon abweichende Vereinbarung getroffen hätten. Dies sei mit der Doppelnatur des Prozessvergleichs als Prozesshandlung einerseits und als privatrechtliches Rechtsgeschäft andererseits zu begründen. Dieser Rechtsnatur widerspreche es, bei der Bestimmung des Widerrufsadressaten die bei einem unter Widerrufsvorbehalt geschlossenen Vergleich gegebene Widerruflichkeit der Prozesshandlung auszublenden und nur das materielle Recht in den Blick zu nehmen. Für den fristgerechten Widerruf eines gerichtlichen Vergleichs folgert der BGH daraus, dass die dem Gericht gegenüber widerrufene Prozesshandlung den Eintritt der prozessbeendigenden Wirkung des Vergleichs ebenso hindere wie der dem Vergleichspartner nach § 130 BGB erklärte Widerruf.

Quelle/Autor: Tekin Polat  

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